29. November 2021

Lady Marmelade – Cornelia Diesenreiter im Interview im ESF insight Magazin

Cornelia Diesenreiter trug schon von Kindesbeinen an den Wunsch nach Wertschätzung vorhandener Ressourcen und den Schutz der Natur in sich. Im Interview erfahren wir von ihrem Einsatz zur Rettung wertvollster Obst- & Gemüse-Abfälle, weshalb schon der kleinste nachhaltige Beitrag wichtig ist und welche großen Impulse sie für die Zukunft erwartet.

ESF: Claudia, mit „unverschwendet“ bist du deinen persönlichen Träumen gefolgt…

CD: Es war früh klar, dass sich mein Beruf im Bereich Ressourcenschutz bewegen würde. Aber meinen Weg fand ich erst nach mehreren Studienabschlüssen beim Masterstudium
in London. Eine Erhebung zur Zusammensetzung des Haushaltsmülls mit seinen immensen Bioabfallmengen gab den Anstoß. 2015 gründeten mein Bruder und ich „unverschwendet“
und wandten uns an Schrebergartenbesitzer. Sie waren heilfroh darüber, dass wir ihr überschüssiges Obst verarbeiten. Erst später wurden nach einem kleinen Zeitungsartikel auch die landwirtschaftlichen Betriebe aufmerksam auf uns und meldeten sich.

ESF: Von welchen Summen sprechen wir dabei?

CD: Bis heute werden in Österreich keine eindeutigen Daten zum Verlust nutzbarer Lebensmittel erhoben. Statistik Austria spricht von jährlich rund 250 Mio Kilogramm gesundem Obst und Gemüse, das als Nahrung verloren geht. Dieses endet entweder in Biogasanlagen, Kompost oder Haushaltsmüll.

ESF: Wie sehr wirkt „unverschwendet“ diesem Umstand entgegen?

CD: Ich habe in den letzten fünf Jahren etwa 200.000 kg Obst und Gemüse verarbeitet, angeboten wurde uns aber über regionale landwirtschaftliche Betriebe ein Vielfaches. Leider stoßen wir derzeit an die Grenzen unserer Kapazitäten. Traurig, denn wofür sich Natur und Bauer einsetzen, verdient, am Esstisch der Menschen zu landen.

ESF: Beachtliche Mengen für ein Startup-Unternehmen! Werden Nachhaltigkeits-Initiativen auch von öffentlicher Seite unterstützt oder liegt es in den Händen der Endkonsumentin / des Endkonsumenten?

CD: Ich habe zur Firmengründung das gesamte zur Verfügung stehende Förderangebot ausgeschöpft und sehr profitiert davon. Unterstützung für Nachhaltigkeitskonzepte gibt es nicht. Bislang existiert aber nicht einmal eine bindende Definition für Nachhaltigkeit, jede/jeder verwendet den Begriff, wie er gerade passt. Aber es liegt mir fern, Schuldige auszumachen, denn es ist tatsächlich reichlich schwierig, sich aus den gewachsenen Strukturen zu befreien. Umso mehr ist jede nachhaltige Handlung von privater Seite zu begrüßen! Wir dürfen nicht unsere Kraft als Konsumenten unterschätzen! Wir entscheiden über den Einsatz unseres Geldes, und je mehr Menschen nachhaltige Schritte setzen, umso schneller passiert Veränderung!

ESF: Du hast ein Buch geschrieben und hältst Vorträge – Nachhaltigkeit ist also ein gefragtes Thema?

CD: Dass ich zu Talkrunden eingeladen werde, ist ein deutliches Zeichen für das Interesse der Menschen an Informationen zu nachhaltigen Konzepten. Wobei Nachhaltigkeit ja weit mehr als den Lebensmittelbereich betrifft! Meine Absicht ist, eine „sanfte Bewusstseinsbildung“ hervorzurufen, sodass Nachhaltigkeit nach und nach in allen Köpfen Platz findet. Meine Produkte sind dabei meine Botschafter! Sie stehen für Wertschöpfung für jedes Glied in der Kette – von den Landwirten über das ambitionierte Team bis zu den Konsumenten.

ESF: Du hast für „unverschwendet“ drei Nachhaltigkeits- Säulen definiert. Was bedeuten sie?

CD: Die erste ist die ökologische Säule, d.h. ich möchte so viel Obst und Gemüse retten, wie möglich. Die zweite – soziale – Säule bezieht sich auf die regionale Wertschöpfung beim Einkauf, ob bei der Ware oder dem Etikett am Glas. Und die dritte ist die ökonomische Säule: mein Geschäftsmodell steht auf wirtschaftlich soliden Beinen.

ESF: Wie sieht dein Wunschbild einer nachhaltigen Zukunft aus? 

CD: Für „unverschwendet“ wünsche ich mir, den größtmöglichen nachhaltigen Impact im Bereich Lebensmittelabfallvermeidung zu erreichen. Sonst habe ich weniger Wünsche, als Vorstellungen. Denn es ist gewiss nur eine Frage der Zeit, dass Innovationen Zugang zu nachhaltigem Verhalten schaffen. Schon heute gibt es beispielsweise Maschinen, die CO2 aus der Luft holen, Technologien, die Meere säubern, es wurden nachwachsende Alternativstoffe zu Plastik entwickelt…, jeder Tag bringt neue Errungenschaften. Fakt ist, dass die Begriffe Nachhaltigkeit und Ökonomie in Zukunft untrennbar sind!

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